Sicher, die Geschichte des Einkaufs ist so alt wie die Geschichte des Handels an sich. Wer allerdings ein ebenso antikes Berufsbild des Einkäufers/der Einkäuferin hat, der sei im Folgenden eines besseren belehrt.

Dazu bietet sich ein kurzer Blick auf den Wandel des Berufsbildes in den letzten Jahrzehnten an. Hatte der Einkauf in der Nachkriegszeit und den Wirtschaftswunderjahren noch primär das Ziel, als Teil der Fertigung die Versorgung sicherzustellen, so gewinnt sein wirtschaftlicher Einfluss heute allein schon dadurch, dass für die immer professionellere Produktion auch immer bessere Produktionsmaterialien beschafft werden müssen.

Innovationsscout und Wertschöpfungsfaktor

Auch eine gemeinsame Studie des Instituts für Transportwirtschaft an der WU und Spring Procurement belegt: 85 Prozent der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass die Bedeutung des Einkaufs steigt. Ein Zeichen für einen höheren Stellenwert des Einkaufs sei z.B. das vermehrte Eingreifen bereits in den frühen Phasen der Produktentwicklung. Mehr als 2/3 aller befragten Unternehmen können durch dieses proaktive Handeln Einsparungspotenziale realisieren.

Warum? Weil bis zu 95 Prozent der Herstellungskosten eines Produktes in Konstruktion und Entwicklung entstehen, wo der Ansatz für den strategischen Einkauf ist. Ein Großteil der Materialkosten kann also noch im Entwicklungsstadium beeinflusst werden – beispielsweise durch die Wahl alternativer Materialien. Insofern wird der/die Einkäufer/in zum Hauptwertschöpfungsfaktor. Der Einkauf ist nicht mehr nur Kostendrücker bei Zukauf von Lieferungen und Leistungen, sondern verstärkt Innovationsträger für alle Bereiche des Unternehmens.

Hohe fachliche und soziale Anforderungen

Dies erfordert von dem/der Einkäufer/in natürlich entsprechende Kenntnisse des Geschäfts und das technische Verständnis für Teilprodukte oder Services, die zugekauft werden sollen. Der/die Einkäufer/in muss sowohl mit den eigenen Unternehmensbereichen – also Forschung & Entwicklung, Produktion und Verkauf – als auch mit Lieferanten und Partnern auf Augenhöhe interagieren und die entsprechende Gesprächsebene inhaltlich beherrschen. Ohne tiefe Markt- und Branchenkenntnisse ist ein Erfolg im Einkauf nahezu ausgeschlossen.

Neben den fachlichen Qualifikationen werden aber auch persönliche Eigenschaften, die so genannten Soft Skills, immer wichtiger. Der Einkauf ist eine Dienstleistungsfunktion zwischen Bedarfsträgern, Kunden und Lieferanten. Deshalb muss ein/e Einkäufer/in die Eigenschaft mitbringen, zwischen diesen Welten optimal zu interagieren. Dazu kommen noch, gerade im internationalen, globalen Business interkulturelle Fähigkeiten und der Umgang mit und in anderen Kulturen.

Die Wahrscheinlichkeit, in einen faden Alltagstrott zu verfallen, ist bei solchen Aufgaben also sehr gering. Vielmehr besteht die Herausforderung darin, immer wieder in neuen Feldern agieren zu müssen und stetig dazuzulernen, um Innovationen ins Unternehmen zu bringen.

Georg Kubina

Georg Kubina arbeitet am ZBP im Bereich Karriereberatung & Student Relations.

More Posts