Barbara Herbolzheimer hat an der WU Wirtschaftsrecht studiert – bis Februar 2023 war sie in Brüssel „Member of Cabinet“ des „Commissioner for Budget and Administration“, Johannes Hahn. Im Interview erzählt sie, was das Besondere beim Arbeiten für die EU ist.

Wie hast du dein WU Studium in Erinnerung und wie hat es dich auf deine spätere Laufbahn vorbereitet?

Die WU ist eine harte Schule, jedoch habe ich meine Zeit dort sehr gut in Erinnerung, insbesondere da ich dort Freundschaften fürs Leben schließen konnte. Obwohl ich aktuell nicht im typisch juristischen Bereich arbeite, schätze ich sehr, dass ich im Zuge meines Wirtschaftsrechtsstudiums kostbare Analysefähigkeiten erwerben und trainieren konnte, die auch in vielen anderen Bereichen Anwendung finden.

Wie bist du zur EU gekommen?

Nach meinem Studium habe ich ein Verwaltungspraktikum bei der österreichischen Vertretung der Vereinten Nationen in New York gemacht, wo ich bei der Verhandlung des UN-Budgets mitarbeiten durfte. Meine spätere Laufbahn führte mich in die österreichische Verwaltung (BMF) und im Zuge der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2018 wurde ich dann als Attachée zur EU nach Brüssel entsandt und konnte so das erste Mal in die Brüssel-Bubble schnuppern. Als Johannes Hahn Kommissar wurde und sein Kabinett zusammensetzte, wurde ich ihm als Kabinettsmitglied empfohlen.

Was waren deine Aufgaben und wie sah dein beruflicher Alltag aus?

Mein Arbeitsalltag im Kabinett war sehr abwechslungsreich: Eine der wenigen Konstanten waren unsere täglichen Kabinettskoordinationssitzungen mit dem gesamten Kabinettsteam inklusive Pressesprecher*innen um 10:00 Uhr, wo wir u. a. für die tägliche Pressekonferenz der Europäischen Kommission um 12:00 Uhr („midday“) Input gaben und das Medienupdate vorbereiteten. Ansonsten gab es viele Termine mit dem Kommissar, die vorbereitet werden mussten, strategische Besprechungen mit den Generaldirektionen sowie Sitzungen mit nationalen Finanzminister*innen und Mitgliedern des Europäischen Parlaments. In meinen Aufgabenbereich fiel neben budgetären Themen ebenfalls alles, was Österreich betraf, deshalb hatte ich auch viele Besprechungen mit österreichischen Stakeholder*innen und durfte den Kommissar oftmals bei seinen Reisen nach Österreich begleiten. Inhaltliche Schwerpunkte waren v. a. der Jahreshaushalt, Eigenmittel der EU oder beispielsweise das „Fit for 55“-Paket (sozialer Klimafond). Das Budget ist in Zahlen gegossene Politik und ein bereichsübergreifendes Thema – es berührt nahezu alle Unternehmungen der EU und muss entsprechend berücksichtigt werden.

Was zeichnet die EU als Arbeitgeber aus?

Für die EU zu arbeiten, bedeutet für mich v. a. im Austausch mit vielen verschieden Menschen mit diversen Backgrounds zu stehen, was ich als extrem bereichernd empfinde. Der größte Unterschied zur österreichischen Verwaltung besteht wohl darin, dass innerhalb der EU Mobilität stark gefördert und sogar erwartet wird. Während es in Österreich öfters vorkommen kann, dass man sich die gesamte Laufbahn im öffentlichen Dienst mit ähnlichen oder denselben Themengebieten beschäftigt, ist dies bei der EU die absolute Ausnahme.

Was sollte man mitbringen, wenn man für die EU arbeiten möchte?

Was jedenfalls hilfreich sein kann, ist schon während der Studienzeit internationale Arbeitserfahrung zu sammeln und sich mit Menschen mit verschiedenen Backgrounds, Einstellungen, Herangehensweisen auseinanderzusetzen. Zudem haben uns die Krisen der letzten Jahre schonungslos vor Augen geführt, wie wichtig es ist, „out of the box“ zu denken – die Themen und Probleme der EU können nicht 1:1 aus Lehrbüchern entnommen werden und die Lösungen dazu sind keinesfalls naheliegend. Ein gewisses Maß an Kreativität ist also gefragt, obwohl das wohl nicht das ist, was die meisten mit Bürokratie in Verbindung setzen würden. Ich würde behaupten, dass jedes WU-Studium eine solide Basis für die Arbeit in den EU-Institutionen bietet.

Hast du Tipps für jene, die eine Karriere bei der EU anstreben?

Versuchen, versuchen, versuchen. Ein Blue-Book-Traineeship bei der Kommission ist auf jeden Fall ein guter Start. Wenn es bei den Institutionen nicht sofort klappt, kann man sich bei der Ständigen Vertretung oder in den Bundesministerien umsehen – dort gibt es auch viele Mobilitätsprogramme, die einen Austausch ermöglichen. Ich kenne sehr viele, die nicht sofort nach dem Studium zur EU gegangen sind, sondern davor viele Jahre in der Privatwirtschaft tätig waren. Das kann ebenfalls sehr bereichernd sein, da man so auch Know-how und Kontakte aus anderen Branchen mitbringen kann. Man sollte sich also nicht nur auf einen Weg festlegen.

Bild: © privat


Hätte ich eine Superkraft, wäre es: musikalische Begabung.

Auf diese Frage hätte ich gerne eine Antwort: Was muss (noch) passieren, damit die Herausforderungen der Klimaerwärmung ernst genommen werden?

Ich in 3 Worten: herzlich, begeisterungsfähig, effizient

Das letzte Buch, das ich gelesen habe ist: “The seven moons of Maali Almeida” von Shehan Karunatilaka während meiner Reise durch Sri Lanka.

Brigitte Kuchenbecker

Brigitte arbeitet seit elf Jahren für das ZBP. Ihre Leidenschaften sind das Schreiben und die Personalarbeit – umso besser, dass sie als Chefredakteurin des Karrieremagazins und Autorin des Blogs beide Interessen vereinen kann. In ihrer Freizeit findet man sie in der Natur: beim Wandern, Klettern oder Garteln.

More Posts - Website